Eine 27-jährige Patientin stellt sich in der neurologischen Notaufnahme mit visuellen Eindrücken, Abwesenheiten und Kopfschmerzen vor. Ihr wird eine MRT-Untersuchung des Kopfes im ambulanten Rahmen empfohlen.
In der MRT-Untersuchung mit intravenöser Kontrastmittelgabe zeigt sich ein großes Gefäßkonvolut links occipital im Hirnparenchym (Bild 1 und 2). Ein weiteres, kleineres Gefäßkonvolut zeigt sich links occipital paramedian, unmittelbar supratentoriell (Bild 4). In den kontrastmittelgestützten Sequenzen (Bild 3 und 5) zeigen sich die teils deutlich dilatierten Gefäße.
Die größere AVM links occipital wird über zwei Feeder aus der linken A. cerebri media sowie aus der linken A. cerebri anterior versorgt und drainiert in den Sinus sagittalis sup. und den Sinus sigmoideus links. Die kleinere AVM links occipital supratentoriell wird über einen Feeder aus der linken A. cerebri post. versorgt und drainiert in die V. magna cerebri.
Es zeigen sich keine intrakraniellen Blutungen oder tumoröse Raumforderungen. Keine flussassoziierten Aneurysmen.
Der Patientin wurde eine neurochirurgische und interventionell-radiologische Vorstellung empfohlen.
In der Klassifikation nach Spetzler und Martin werden drei Variable definiert, anhand derer die AVM in 5 Grade eingeteilt werden kann:
- Größe der AVM (<3cm=1, 3-6cm=2, >6cm=3)
- venöses Drainagemuster (nur oberflächlich=0, tief=1)
- neurologische Eloquenz (Areale im Hirnstamm, Thalamus, Hypothalamus, Kleinhirnschenkel, sensomotorischer und visueller Kortes sowie Sprachareale; nicht eloquent=0, eloquent=1)
Die erreichte Punktsummer entspricht dem Grad der AVM. In unserem Fall wären es demnach Grad 3 Läsionen.
Die Pittsburgh-Skala liefert eine Vorhersage des Erfolgs einer radiochirurgischen Behandlung, dabei wird anhand folgender Formel der sog. AVM-Score berechnet:
AVM-Score = 0,1 x AVM-Volumen (cm3) + 0,02 x Patientenalter + 0,5 x Lokalisation
Das Volumen wird anhand von MRT-Aufnahmen unter Berücksichtigung der Formel π/6 × Breite × Lange × Höhe abgeschätzt. Bei tiefer Lokalisation (Basalganglien, Hirnstamm, Thalamus) wird der Wert 1, bei anderer Lokalisation der Wert 0 verwendet.
In unserem Fall würde dies einem AVM-Score von >2 für beide Läsionen ergeben.
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